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Das Niederwaldprojekt: Schutz durch Nutzung – multifunktionale Entwicklung von Niederwäldern in Rheinland-Pfalz

abgeschlossen 12/2011

Zusammenfassung

Stockausschlagwälder sind ehemalige Niederwälder, die seit ihrer letzten Nutzung weitestgehend sich selbst überlassen wurden. Angetrieben durch die gegenwärtig hohe Energieholznachfrage ist die Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft ein potenzielles Nutzungsszenario für noch vorhandene Stockausschlagwälder. Im Mittelpunkt der Dissertation steht die Frage, ob die Niederwaldwirtschaft als eine kulturhistorische, weitestgehend aufgegebene Waldnutzungsform gemäß gängiger Nachhaltigkeitskriterien wieder zu einer von der forstlichen Praxis akzeptieren Bewirtschaftungsalternative werden kann.
Für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Stockausschlagwäldern werden möglichst genaue Schätzungen über das in ihnen gespeicherte Holzaufkommen benötigt. Daher wurden Biomassemodelle für zwei der in Stockausschlagwäldern häufigsten Baumarten entwickelt. Insgesamt wurden 24 Traubeneichen (Quercus petraea) und 22 Hainbuchen (Carpinus betulus) in zwei rheinland-pfälzischen Untersuchungsbeständen gefällt, in unterschiedliche Baumkompartimente zergliedert und gewogen. Basierend auf den dendrometrischen Parametern dieser Probebäume (Brusthöhendurchmesser (BHD)) und den Trockengewichten ihrer Kompartimente wurden Modelle zur Biomasseschätzung (allometrische Funktionen) entwickelt. Sehr genaue Biomasseschätzungen ergaben einfache Potenzfunktionen (R²= 0,97 für Eiche und 0,92 für Hainbuche). Anhand dieser Funktionen erhält die forstliche Praxis ein einfaches Werkzeug, mit dessen Hilfe viele grundlegende betriebliche Entscheidungsprozesse unterstützt werden können. In diesem Teil der Untersuchung konnte zudem festgestellt werden, dass Biomassefunktionen, die in Hochwäldern entwickelt wurden, nur dann auf Stockausschlagwälder angewandt werden sollten, wenn Genauigkeitseinbußen toleriert werden können.
Um in Stockausschlagwäldern eine nachhaltige Bewirtschaftung der ökosystemaren Nährstoffpools zu gewährleisten, bedarf es genauer Kenntnisse darüber, in welchem Umfang Makronährelemente bei unterschiedlichen Ernteintensitäten exportiert werden. Hierzu wurde der Nährstoffgehalt unterschiedlicher Eichen- und Hainbuchenkompartimente aus zwei, hinsichtlich ihrer Bodenfruchtbarkeit sehr verschiedenen Untersuchungsgebieten bestimmt. Unabhängig von Untersuchungsgebiet und Baumart konnten sehr hohe Nährstoffkonzentrationen in den Zweigen (Durchmesser <4 cm) und der Stammborke der Probebäume festgestellt werden. Dagegen waren die Nährstoffkonzentrationen im Stammholz und in groben Ästen (Durchmesser >4 cm) verhältnismäßig gering. Die Menge der in den einzelnen Baumkompartimenten gespeicherten Nährelemente konnte mittels einfacher Potenzfunktionen modelliert und dadurch vereinfacht auf Bestandesebene hochgerechnet werden. Die beiden Untersuchungsbestände unterschieden sich hinsichtlich der in den einzelnen Baumkompartimenten gespeicherten Nährstoffmengen nur sehr wenig. Jedoch ergab der Vergleich der in der Biomasse gespeicherten Nährstoffmengen mit den im Boden gespeicherten Nährstoffvorräten, dass die Ernteintensität auf den jeweiligen Standort abgestimmt werden muss, wenn die vorkommenden Nährstoffpools nachhaltig bewirtschaftet werden sollen. Aus den Ergebnissen dieser Untersuchung wird deutlich, dass auf Standorten mit großen Nährstoffvorräten die gesamte oberirdische holzige Biomasse geerntet werden kann, ohne die Nährstoffpools zu übernutzen. Auf Standorten mit geringen Nährstoffvorräten führen jedoch gängige Nutzungsszenarien (Ernte von Derbholz mit Rinde) zu Nährstoffexportraten, die in eine Überbeanspruchung der Nährstoffpools münden. Auf solchen Standorten sollte sehr vorsichtig darüber entschieden werden, welche Baumkompartimente genutzt werden können, damit möglichst viele Nährstoffe auf der Fläche verbleiben.
Im Allgemeinen bestehen Zweifel darüber, ob die Wurzelstöcke „überalteter“ Traubeneichen im Anschluss an niederwaldtypische Erntemaßnahmen kräftig genug austreiben, damit sich ein Folgebestand entwickelt. Das Ziel dieser Untersuchung bestand insbesondere darin, die Mortalität der Wurzelstöcke bzw. ihre Wiederaustriebsintensität in Abhängigkeit von drei unterschiedlichen Erntetechniken, Verbiss sowie Parentalbaum- und Wurzelstockeigenschaften darzustellen. Zwei Vegetationsperioden nach der Ernte lag die Stockmortalität bei 16%. Dabei lag die Mortalitätsrate in nichtgezäunten Versuchsbeständen deutlich über der in gezäunten Beständen. Es konnte keine Abhängigkeit zwischen der verwendeten Erntetechnik und der Mortalität eines Wurzelstockes nachgewiesen werden. Die Sterblichkeit eines Wurzelstockes konnte auch nicht durch seine eigenen oder die Eigenschaften des Parentalbaums erklärt werden. Die allermeisten Wurzelstöcke entwickelten sehr viele vitale Austriebe, deren Wachstum hauptsächlich durch Wildverbiss beeinträchtigt wurde. Auf nichtgezäunten Versuchsflächen lag die Höhe der neuen Austriebe bis zu 80% unter der in gezäunten Bereichen. Als Indikator für die Intensität, mit der die Wurzelstöcke neue Austriebe entwickelten, wurde die mittlere maximale Austriebshöhe je Wurzelstock ausgewählt. Wie bei der Stocksterblichkeit, wurde kein Zusammenhang zwischen der mittleren maximalen Austriebshöhe und der Erntetechnik oder den Stock- bzw. Parentalbaumeigenschaften gefunden. Diese Ergebnisse zeigen, dass es wenig gerechtfertigt erscheint die Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft in 80- bis 90-jährigen Stockausschlagwäldern aufgrund einer begrenzten Wiederaustriebsfähigkeit der Wurzelstöcke abzulehnen. Von einer nachhaltigen Verjüngung der Stockausschlagbestände kann jedoch nur dort ausgegangen werden, wo entsprechende Wildschutzmaßnahmen ergriffen wurden.
Die Elsbeere (Sorbus torminalis) gilt in ganz Deutschland als selten. Dennoch ist sie regelmäßiger Bestandteil von Eichenniederwäldern. Obwohl sie zu den wertvollsten Holzarten gezählt wird, gibt es insgesamt nur wenig wissenschaftliche Untersuchungen, in denen die Verjüngung oder das Wachstum der Elsbeere beschrieben wurde. Aufgrund ihrer vermeintlich limitierten Konkurrenzkraft und geringen Schattentoleranz ist unklar, ob die Elsbeere in Stockausschlagwäldern überleben kann oder ob Niederwaldhiebe für ihren Erhalt notwendig sind. Um festzustellen, ob sich die Elsbeere nur in Folge von Niederwaldhieben verjüngt, wurden 80 Elsbeeren gefällt und ihr Alter mittels dendrochronologischer Methoden bestimmt. Zudem wurde mittels Stammanalyse das Wachstum von 20 Elsbeeren rekonstruiert, um Rückschlüsse über die Konkurrenzkraft der Baumart ziehen zu können. Die Schattentoleranz der Elsbeere wurde auf Grundlage von Photosynthesemessungen ins Verhältnis zu anderen mitteleuropäischen Baumarten gesetzt. Die Altersbestimmungen zeigten, dass sich die Elsbeere im Schatten des Eichenschirms kontinuierlich verjüngen kann. Die dargestellten Ergebnisse dieser Untersuchung verdeutlichten, dass die Elsbeere eine hohe Schattentoleranz besitzt. Dadurch ist die Baumart in der Lage, lang anhaltende Phasen starken Konkurrenzdrucks zu überstehen. Diese Ergebnisse zeigen, dass der Erhalt der Elsbeere nicht zwingend an die Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft gebunden ist.
Diese Untersuchung trägt zu unterschiedlichen Aspekten einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Stockausschlagwäldern bei. Die unterschiedlichen Ergebnisse verdeutlichen, dass bei Befolgung einfacher auf den Standort und Bestand abgestimmter Handlungsempfehlungen Stockausschlagwälder nachhaltig bewirtschaftet werden können.
Homepage: http://www.niederwald-rlp.de/projekt.html
Projektleitung:
Prof. Dr.  Jürgen Bauhus
Projektbearbeitung: Pattrick Pyttel
Finanzierung:  
Laufzeit: 09/2008 - 12/2011

 

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